Dokumentation

Eindrücke aus der Abschiebehaft in Langenhagen

F. reist aus einem europäischen Land mit dem Flugzeug nach Deutschland ein, um Freunde zu besuchen. Er hatte dort Asyl beantragt, hat Papiere und eine Wohnung. Nach dem Besuch in Deutschland möchte er dorthin zurückkehren. Er wird nach der Einreise am Flughafen verhaftet und in Handschellen in die JVA gebracht. Er soll in sein Heimatland abgeschoben werden, obwohl sein Asylantrag in der EU noch nicht abschließend geprüft wurde. F. versteht nicht, warum er nicht zurück in das Land gehen kann, aus dem er kürzlich eingereist ist, wie er es mehrfach angeboten hat. Er ist wütend und verzweifelt. Seine höchstmögliche Haftdauer ist auf ca. 4 Wochen festgelegt worden. Er sagt, das würde er nicht aushalten und würde lieber sofort in sein Heimatland abgeschoben werden, als so lange zu warten. Nach mehrwöchiger Haft wird er nicht in sein Heimatland abgeschoben, sondern darf zu seinem europäischem Wohnort zurück kehren.

F. geht aus seinem Wohnheim weg, weil es dort immer wieder zu Gewalttätigkeiten kommt und er trotz mehrfacher Bitten bei der Ausländerbehörde nicht umziehen darf. Nach mehreren Monaten Obdachlosigkeit und ohne Kontakt zur Ausländerbehörde, erträgt er die Obdachlosigkeit nicht mehr und geht zur Ausländerbehörde, um erneut um Hilfe zu bitten. Dort wird er verhaftet und in Handschellen zur JVA gebracht. Er ist verzweifelt über die Inhaftierung und hofft auf schnelle Abschiebung, um der Haft zu entkommen.

S. hat einen Aufenthaltstitel in einem europäischen Land und reist nach Deutschland um Freunde zu besuchen, um die Feiertage am Jahreswechsel/-ende gemeinsam zu verbringen. Er wird im Wohnheim der Freunde verhaftet und in Handschellen, „wie ein Verbrecher“, zur JVA gebracht. Nach mehrwöchiger Haft wird er entlassen.

B. wird verhaftet und es gibt es einen Gerichtstermin. Der Dolmetscher übersetzt nicht, worum es geht, drängt B. jedoch dazu ein Formular zu unterschreiben. Danach wird er in die JVA gebracht. B. ist darauf nicht vorbereitet und ist noch Tage später geschockt über die Verhaftung. Genau wie F. und S. zeigt er wiederholt fassungslos seine überkreuzten Handgelenke, um den Transport in Handschellen zu verdeutlichen.

A. lebt seit 22 Jahren in Deutschland. Er wird auf der Ausländerbehörde verhaftet. Dort übersetzt er seit ein paar Jahren auch öfter ehrenamtlich für andere Geflüchtete und hat schon dreimal erlebt, dass die Leute dort unvorbereitet verhaftet werden. „Beim vierten Mal war ich es selbst“

Er hat mehrere schwere, auch chronische Krankheiten, die in Deutschland behandelt werden und unter Kontrolle sind. Er ist sehr resigniert und sagt, in seinem Herkunftsland, nach der Abschiebung, gibt es keine gesetzliche Krankenversicherung und er wird er sich dort die Behandlung nicht mehr leisten können. Weil die Behörden eine Frist nicht einhalten, wird er nicht abgeschoben.

D. reist aus einem Nachbarland ein, wird sofort nach dem Grenzübertritt verhaftet und zur JVA gebracht. Aufgrund der Corona-Situation wird er nach ca. 2 Wochen entlassen. Auf einem Formular wird ihm eine Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen. Zum Zeitpunkt der Entlassung weiß er weder, wo er ist, noch wo er hinfahren soll. Eine Unterstützung durch die Behörden gibt es nicht.

H. war beim ersten Besuch von uns in der JVA Langenhagen noch sichtlich von seiner Verhaftung geschockt. Er war bei der Verlängerung seines Ausweises in der Ausländerbehörde verhaftet und in Handschellen abgeführt worden. Immer wieder betonte er, in Afrika würden nur Verbrecher in Handschellen abgeführt.

M. wurde in der Ausländerbehörde in Halberstadt verhaftet. Diese befindet sich auf dem Gelände der riesigen Sammelunterkunft, die bereits mehrfach wegen (rassistischer) Übergriffe der Security in den Schlagzeilen war. Er wurde in Handschellen abgeführt und durfte seine Sachen, obwohl sie sich auf dem Gelände befanden, nicht mitnehmen. Das von uns veranlasste Nachsenden scheiterte, so wurde er ohne seine persönlichen Dinge, vor allem aber auch ohne seinen Ausweis, nach Italien abgeschoben. Mithilfe einer solidarischen Gruppe in Italien gelang uns nach Wochen die Nachsendung der erforderlichen Papiere.

H. weigerte sich seine Mülleimer zu leeren, was laut Routine zu erfolgen hatte, weil dieser leer war. Dieses „Befehlsverweigerung“ führte zu einem Einsatz, bei welchem ihm mehrere Beamte am Hals und den Händen verletzten.

J. wurde beim BAMF verhaftet als er einen Asylfolgeantrag stellen wollte. Er war sehr verzweifelt, weil seine Familie sein Gehalt benötigte und weil er sich schämte ihnen mitzuteilen, dass er im Gefängnis sitzt.